(c) Lukas Lenhardt

Wein aus Kärnten: Die ganz besonderen Tropfen

An sonnigen Herbsttagen weht einem rund um Klagenfurt immer noch eine wohlig warme Brise mediterrane Luft um die Nase, dass man glauben könnte, die Adria mündet gleich um die Ecke in den nahen Wörthersee. Und mit der klaren Herbstluft bringt die Erntezeit ihre süßen Reben mit, die aufgetankt von der Sommersonne und den guten Nährstoffen aus dem Kärntner Boden zu ganz besonderen Tropfen verarbeitet werden. 

Wein aus Kärnten? Wahrscheinlich brachten bereits die Römer die Kunst des Weinbaus in die Gegend um das damalige Virunum – das heute den Bereich Zollfeld und Magdalensberg umschließt. Urkundlich verbürgt ist der Weinbau dann ab dem 9. Jahrhundert.

Vor allem eifrige Mönche waren es, die in den Klöstern und Stiften des Landes ihre Reben hegten und pflegten. Und dies über Jahrhunderte, bis dem karantanischen Weinbau schließlich durch horrende Zölle und Pilzkrankheiten buchstäblich der Saft ausging.

Seit den späten 80er Jahren erfährt der Weinbau in Kärnten eine Renaissance. Vom Lavant- bis ins Mölltal sieht man Rebenreihen in den Hängen stehen. Durch den Alpenhauptkamm vor atlantischem Wetter geschützt, profitiert der Kärntner Wein vom starken Mittelmeereinfluss mit viel Niederschlag, warmen Sommern und einem meist trockenen Herbst.

Das tut vor allem weißen Reben gut. Demnach sind rund 80 % der in Kärnten gekelterten Weine Weißweine mit frischen Fruchtnoten und einem ausgewogenen Säurespiel. Was nicht bedeuten soll, den Roten zu unterschätzen. Denn auch dieser ist im Kommen.

Es lohnt sich natürlich, alle diese Tropfen zu kosten. Welche Winzer rings um Klagenfurt ganz besonders hervorstechen, das erfahrt ihr hier.

Klagenfurter Stadtwinzer

Beginnen wir unseren Streifzug durch die Kärntner Weinlandschaft auf der Seewiese. Sicherlich einem der schönsten Weingärten Österreichs. Oberhalb der Wörthersee Ostbucht gelegen bietet der sanft gewölbte Südhang nicht nur einen spektakulären Blick auf See und Berge, sondern auch das perfekte Terrain für edle Tropfen.

Den halben Hektar dieses ganz besonderen Fleckens Erde teilen sich die „Klagenfurter Stadtwinzer“ – acht an der Zahl – um dort weiße wie rote Rebsorten anzupflanzen.

Von Sauvignon blanc über Weißburgunder, Chardonnay und Riesling bis hin zu Zweigelt, St. Laurent, Blauburger und Merlot keltern die „Stadtwinzer“ dort Jahr für Jahr Weine auf ansehnlichen Niveau.

Der Titel „Stadtwinzer“ wird demnach nicht einfach so vergeben, sondern zeugt von detailliertem Fachwissen und jahrelanger Erfahrung in der Weinerzeugung. Wird einer der begehrten Plätze auf der Seewiese frei, müssen Aspiranten durch ihr bisheriges Schaffen und einen speziellen Lehrgang beweisen, dass sie mit Maische, Fass und Stechheber umzugehen wissen.

Für die zugeteilten Weinstöcke ist dabei jeder Winzer selbst verantwortlich, wie auch für die Weiterverarbeitung und Vermarktung. Und obschon Rebstock neben Rebstock steht, bringt die je eigene Vinifizierung der verschiedenen Stadtwinzer aus der gleichen Rebsorte komplett unterschiedliche Geschmacksnoten hervor.

Als Pacht haben die Winzer – nach alter Sitte – den Zehent, also ein Zehntel ihrer Jahresproduktion, an die Stadt Klagenfurt abzugeben. Dieser wird dann zu besonderen Anlässen unter speziellem Etikett ausgeschenkt.  

Weinwerkstatt Passegger

Einer der Stadtwinzer ist Robert Passegger, der gemeinsam mit seiner Gattin Darija sowohl auf der Seewiese als auch in ihrem Weingut in Ehrental sehr gute Weine keltert. Neben Zweigelt und Chardonnay steht heuer die erste Lese des vor vier Jahren gepflanzten Blütenmuskatellers an, eine PiWi – also pilzwiderständige – Sorte, die den Einsatz von Spritzmitteln auf ein Minimum reduziert.

Der Name der von ihnen betriebenen Weinwerkstatt kommt nicht von irgendwo: Ganz bewusst wird auf traditionelle Handarbeit gesetzt – vom Schnitt der Reben bis zum Kleben der Etiketten. Begonnen haben Robert und Darija Passegger als Hobbywinzer in der Tiefgarage ihres Wohnhauses.

Doch schon damals produzierten sie stets Weine auf gutem Niveau. Mittlerweile haben sie sich mit ihren Produkten einen Ruf erarbeitet, der sich auch über die Landeshauptstadt hinaus Gehör verschafft – wie etwa ihr preisgekrönten Chardonnay.

Doch nicht jeder Jahrgang kann mit den Ansprüchen der beiden Winzer mithalten. Vor allem das Wetter ist oft ein Faktor, dem man außer Improvisation nicht viel entgegensetzen kann. Der 2020er Zweigelt etwa war zum Verkauf ungeeignet.

Doch in der Weinwerkstatt geht auch der Umgang mit einem nicht zufriedenstellenden Produkt weit über bloße Schadensbegrenzung hinaus. Aus dem Wein wurde kurzerhand qualitativer Essig gemacht, der den Qualitätsrichtlinien des Hauses gerecht wird. Verkauft werden die Produkte der Weinwerkstatt ab Hof sowie demnächst über die hauseigene Homepage.

W2 Bio Weinbau Waltl

Als vielleicht visionärster Winzer des Landes kann Christian Waltl bezeichnet werden. Im Norden von Klagenfurt gedeiht auf zwei Rieden mit insgesamt 1,5 Hektar Wein in Bioqualität. Sämtliche Reben sind PiWi Sorten und werden behutsam von Hand gelesen und ohne Beigabe von Zusatzstoffen zu außergewöhnlichen Spitzenprodukten verarbeitet.

Christian Waltl gibt seinen Weinen dabei die Zeit, die sie brauchen und versucht erst gar nicht, Prozesse zu beschleunigen. Gelagert werden die Weine für ein Jahr lang in Tonamphoren bevor sie im Eichen- oder Kastanienfass veredelt werden.

Was selbstverständlich klingt, ist in der modernen Weinerzeugung keineswegs Standard. So überrascht es nicht, dass er auch in der Ausrichtung seines Sortiments unkonventionelle Wege sucht. Ständig auf der Fährte nach neuen Geschmäckern ist der ehemalige Stadtwinzer einer der Pioniere in der Produktion von Orange Weinen. Dieses Nischenprodukt erfreut sich unter Kennern immer größerer Beliebtheit, ist in Kärnten aber noch so gut wie unbekannt.

Dabei waren Orange Weine bereits in der Vorantike bekannt, gerieten über die Zeit aber zunehmend in Vergessenheit. Ähnlich wie Rotwein, werden für Orange Weine weiße Trauben mitsamt der Schale vergoren, wodurch das fertige Produkt an Aroma und Farbe dazu gewinnt. Heraus kommen bernsteinfarbene Weine mit nussig-erdigen Noten, die an Trockenfrüchte und exotische Gewürze erinnern.

Doch auch der Pet NAT, der Pétillant Naturel, aus dem Hause Waltl kann sich sehen lassen. Dieser rote Perlwein entsteht durch natürliche Flaschengärung und wird nicht wie andere Schaumweine nachträglich mit Hefe geimpft. Dadurch entwickelt sich ein angenehm prickelnder Frizzante, dessen natürliche Kohlensäure sehr bekömmlich ist und den Wein geschmacklich in vielschichtige Sphären trägt.

Weingut Karnburg

Etwas außerhalb von Klagenfurt, Richtung Maria Saal, liegt jene Gegend, wo der Weinbau in Kärnten vermutlich seine Ursprünge hat. Zwischen antiken Siedlungsresten und der Pfalzkirche Karnburg – einer der ältesten Kirche Kärntens – ist davon auszugehen, dass bereits in römischer Zeit und auch danach Wein einen hohen Stellenwert einnahm.

Mitten in dieser geschichtsträchtigen Landschaft schmiegt sich an den Südhang des Ulrichsberges das Weingut Karnburg. Die Winzer Georg Lexer und der gebürtige Texaner Sem Kegley bauen auf der namensgebenden Leiten (hochdeutsch: der Hang) Wein auf Spitzenniveau an.

Neben den Weingärten „Amerika“ und „Leonhardwiese, teilt sich das Kernstück „Die Leiten“ in drei verschiedene Lagen.

„Leiten“ für den flachsten Teil, „Leiten Steilhang“ für das anspruchsvollere Stück und „Steps to Heaven“ für den beinahe unzugänglichen Teil des Weingartens. Je steiler die Leiten, desto mehr Sonne die Reben – so die simple Gleichung. Einrechnen muss man allerdings auch den Arbeitsaufwand, der im steilen Gelände um ein Vielfaches höher ist. Der Unterschied zwischen den einzelnen Lagen macht sich im Geschmack der fertigen Weine bemerkbar – und eben im Preis.

Auf insgesamt 9,5 Hektar gedeihen die Sorten Chardonnay, Pinot Grigio, Sauvignon blanc, Zweigelt, Pinot Noir sowie einige PiWi Sorten. Vom Sauvignon blanc und Chardonnay gibt es jeweils zwei Ausführungen: je eine mit klassischer Stahltankreifung und eine veredelte, die im Barriquefass ausgebaut wird.

Die beiden Feinspitze Lexer und Kegley legen bei der Vinifizierung ihrer Trauben vor allem Wert auf einen möglichst respektvollen Umgang mit dem Naturprodukt Wein. Jeder Jahrgang ist anders akzentuiert, jeder Jahrgang hat seine überraschenden Eigenheiten, keiner ist gleich.

Ebenso konsequent ist der Ansatz, dass die Leute zum Wein kommen, und diesen mit Speisenbegleitung erleben. So entstand das Restaurant Leiten, in dem Küchenchef Leo Suppan nicht nur erstklassige Produkte aus der Umgebung, sondern vor allem hochwertiges Fleisch vom Mangalizza und Duroc Schwein aus eigener Zucht verarbeitet.

lenzbauer.wine

Die Weingärten des Lenzbauers liegen zwar nicht gerade einen Steinwurf vom Lindwurm entfernt, doch das Winzer-Ehepaar Gabriele Sudy und Walter Unterweger lassen ihre abgefüllten Flaschen direkt in der Innenstadt lagern. Im klimatisch für den Weinbau besonders begünstigten Lavanttal bauen die beiden auf insgesamt 1,4 Hektar in bester Südlage Weißburgunder, Grauburgunder, Rivaner und Traminer an.

Ein schonender Umgang sowohl mit dem Weingarten und den Reben als auch mit den Tropfen, die sie aus ihnen gewinnen, sind für die Lenzbauers selbstverständlich.

In der Vinifizierung wird versucht, ohne Schönungen und unnötige Zusatzstoffe auszukommen und dem Wein damit seinen natürlichen Charakter zu bewahren. Der Orange Wein im Sortiment kommt dabei komplett ohne Vinifizierungstricks aus und wird als reines Naturprodukt mit allen Ecken und Kanten angeboten.

Ecken und Kanten zeigen auch die Namen der fertig gereiften Weine, bei denen Sudy und Unterweger Humor und Kreativität vereinen. Namen wie „Diva“, „Macho“ oder „Lausbua“ spielen direkt auf die Ansprüche an, die die jeweilige Rebe im Weingarten an die Winzer stellt. Die Diva ist also mit größter Vorsicht zu behandeln, während Macho und Lausbua schon etwas aushalten.

Eine Besonderheit des Lenzbauer Weins ist, dass man Patenschaften für ganze Rebenreihen übernehmen kann. Den daraus gewonnenen Ertrag kann man sich mit eigenem Etikett bekleben lassen und bei der nächsten Feier im Freundeskreis groß auftrumpfen. Mit so einer Patenschaft lässt es sich gehaltvoll auf sich aufmerksam machen. Das hat auch die frisch gegründete Kärntner Band „Jasa“ rund um Frontfrau Katarina Hartmann erkannt, die sich bei ihrer Patenschaft stilgemäß für die Diva entschieden hat.

Wer zu Hause keinen Platz für eine ganze Charge hat, der kann den Wein der Lenzbauers aber auch im urigen Weinkeller im Ossiacher Hof in der Klagenfurter Wiener Gasse genießen. Das Kellergewölbe bietet neben einem stilechten Lagerkeller auch Raum für Verkostungen und Veranstaltungen. Direkt am Tropf hängt das darüber liegende Lokal Zommstehn im Ossiacherhof wo die Lenzbauer Weine ausgeschenkt werden. Ansonsten gibt es die edlen Tropfen in regionalen Bauernläden, ausgewählter Gastronomie sowie ab Hof.

Weinland Kärnten

Auch wenn man es allgemeinhin nicht auf der Rechnung hat: Kärnten hat den Titel „Weinland“ absolut verdient. Engagierte, visionäre und zielstrebige Winzerinnen und Winzer, das geeignete Klima und ein Hauch südlicher Mentalität machen Kärntens Weinkeller zu einem Genusserlebnis, dass sich nicht hinter anderen Regionen verstecken muss. Also ran an die Bouteillen!

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